Der polnische König und sächsische Kurfürst, August der Starke, hatte einst im Musiksaal des Dresdener Schlosses eine erlesene Gesellschaft zu einem abendlichen Konzert eingeladen. Ein berühmter Musiker sollte ihnen eine Probe seines Könnens zeigen und die vornehmen Leute unterhalten. Man erwartet fröhliche Weisen und wunderbare Tanzmelodien. Doch der Künstler ist von ganz anderer Musik erfüllt, als er all die armen Reichen dort im Saal ansieht. Ganz langsam beginnt Johann Sebastian Bach sein Spiel, und feierlich klingt es durch den Saal: "Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld der Welt und ihrer Kinder ..." Es wird still im Raum, und die Menschen lauschen, ergriffen von der wunderbaren Musik. Dann ist die letzte Zeile verklungen: "... und spricht: Ich will’s gern leiden!"
Nach einer langen Stille geht der Kurfürst auf Bach zu, zieht seinen Ring vom Finger, steckt ihn Johann Sebastian Bach an und sagt: "Trag er den Ring zum Andenken an diese Stunde und zum Zeichen, dass ich ihm lebenslang verbunden bin in Dankbarkeit und Freundschaft. Er hat mir an diesem Abend viel gegeben. Durch sein Lied hat er zu mir geredet, wie noch keiner es vermocht hat. Ich danke ihm."
"Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld der Welt und ihrer Kinder; es geht und büßet in Geduld die Sünden aller Sünder; es geht dahin, wird matt und krank, ergibt sich auf die Würgebank, entsaget allen Freuden, es nimmet an Schmach, Hohn und Spott, Angst, Wunden, Striemen, Kreuz und Tod und spricht: Ich will’s gern leiden!" (Paul Gerhardt)
Siehe, das ist Gottes Lamm. welches die Sünde der Welt hinwegträgt!
Johannes 1,29
Axel Kühner "Eine gute Minute, 365 Impulse zum Leben" © 1994 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 11. Auflage 2015 /
Mit freundlicher Genehmigung des Verlages
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