Mathilde Wrede, der "Engel der Gefangenen", besuchte einst im Norden Finnlands das Kloster von Valamo, das auf einer Insel im Ladogasee liegt. Die Mönche zeigten ihr die Klosteranlage und auch den kleinen Friedhof, wo die verstorbenen Mönche begraben lagen. Tief beeindruckt war Mathilde Wrede von den einfachen grauen Steinen aus dem Ladogasee, die die Gräber zierten. Sie enthielten alle gleich die Inschrift "Gottes Leibeigener" und darunter den Namen des Mönches. Sie sagte, solch ein einfacher Grabstein würde ihr sehr gefallen. Kurze Zeit nach ihrer Rückkehr wurde ihr in Helsinki eine Kiste gebracht, in der solch ein einfacher grauer Stein lag. In den Stein eingraviert war die Inschrift: "Gottes Leibeigene" und darunter ihr Name. Diesen Stein ließ Mathilde Wrede in den großen Lehnsessel neben ihrem Krankenbett legen. Immer wieder musste sie am Ende ihres Lebens für die Befreiung danken, die darin liegt, Gott ganz zu gehören. Und immer wieder musste sie für die vielen Menschen beten, die noch in der Sklaverei und Unterdrückung der Sünde als Leibeigene des Todes lebten. Bis sie dann in der Christnacht über die Grenze des Todes in das ewige Leben ging und ihr Leib unter dem einfachen grauen Stein aus dem Ladogasee begraben wurde. Meine Seele erhebt den Herrn und mein Geist freut sich Gottes, meines Heilandes, denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen. Lukas 1,46ff
Axel Kühner "Zuversicht für jeden Tag" © 2002 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 7. Auflage 2017 / Mit freundlicher Genehmigung des Verlages
Comments