Samuel Keller erzählt in seinen Erinnerungen: "Neulich hatte ich am Samstag eine Predigt ausgearbeitet. Als ich am Sonntag mit der Straßenbahn zur Kirche fahre, spüre ich eine ganz starke innere Nötigung, die vorbereitete Predigt in der Tasche zu lassen und statt dessen über Psalm 39,2 zu predigen. Ich spreche also über das Wort: Ich will mich hüten, dass ich nicht sündige mit meiner Zunge, und will meinem Mund einen Zaum anlegen! Am Montag kommt ein Mann zu mir und bedankt sich ausdrücklich für die Predigt, die ihn vor einem großen Fehler bewahrt hat. Er hatte sich mit einem Geschäftsfreund gestritten und nun einen zornigen Brief geschrieben, der das Ende einer langjährigen Beziehung bedeutet hätte. Als der Brief fertig war, spürte der Mann eine starke innere Nötigung, den Brief noch nicht abzuschicken, sondern zuerst noch in den Gottesdienst zu gehen und die Predigt von Pfarrer Keller zu hören. Nach der Predigt schickte er den Brief nicht ab. Am Montag kam dann ein Brief von dem Geschäftsfreund, in dem der um Verzeihung bat und alle Unrichtigkeit in Ordnung brachte." Das sensible Horchen auf Gottes Stimme und das mutige Gehorchen zweier Menschen verhinderte auf wunderbare Weise eine unnötige Verwicklung. Alle Morgen weckt er mir das Ohr, dass ich höre, wie Jünger hören. Gott der Herr hat mir das Ohr geöffnet. Und ich bin nicht ungehorsam und weiche nicht zurück. Jesaja 50,4f
Axel Kühner "Hoffen wir das Beste"
© 1997 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 9. Auflage 2016
Mit freundlicher Genehmigung des Verlage
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