Ich stehe auf einer Brücke und sehe hinab auf den Fluss. Ruhig strömt das Wasser dahin. Lautlos gleitet es unter der Brücke hindurch. Die Wassermassen sind ein Bild sanfter Gewalt. Unaufhaltsam bewegt sich die stille Masse des Stromes fort. Da kommt ein Wind auf, wird heftiger und wirft auf dem Fluss kleine Wellen auf, die entgegen der Stromrichtung laufen. Aber das bedeutet nichts, denn der Wind vermag trotz kleiner Wellen an der Oberfläche das Wasser in seiner fließenden Gewalt nicht aufzuhalten. Die mächtige Wasserfülle gleitet auch gegen den Wind und findet ihren Weg. So sind auch Menschen oft an der Oberfläche des Alltags bewegt von Stimmungen und Stürmen. Aber in der Tiefe und im Ganzen geht der Strom ihres Lebens in eine ganz andere Richtung. Wie oft gibt es an der Oberfläche Ärger oder Aufregung, Missmut oder Ungeduld, bange Sorge oder leise Zweifel. Die Stürme des Lebens, die Winde von und Anfechtung treiben uns an der Oberfläche in die entgegengesetzte Richtung. Aber das bedeutet nichts. Wenn unsere Tiefe, unser ganzes Innenleben auf Christus ausgerichtet ist, wird auch die krause Oberfläche bald in die richtige Richtung mitgenommen. Darum sollten wir uns und andere nie an ihrer Oberfläche, sondern nach ihrer Tiefe und der Ganzheit ihres Lebens beurteilen. Wer sich nach den kleinen Wellen an der Oberfläche des Alltags beurteilt, wer sich wegen ein bißchen Ärger oder Zorn, Heftigkeit oder Unachtsamkeit gleich das Christsein abspricht, tut sich unrecht. Haben wir uns oder anderen so unrecht getan, die kleinen Winde völlig überschätzt und die Macht Christi und den tiefen Strom seiner Liebe geringgeschätzt? Richtet nicht vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch ans Licht bringen wird, was im Finstern verborgen ist, und wird das Trachten der Herzen offenbar machen. Dann wird einem jeden von Gott sein Lob zuteil werden. 1.Korinther 4,5
Axel Kühner "Hoffen wir das Beste"
© 1997 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 9. Auflage 2016
Mit freundlicher Genehmigung des Verlage
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