Der Maler Domenico Feti (1589-1623) hatte in seinem Atelier in Düsseldorf ein fast fertiges Altarbild mit der Kreuzigung Jesu stehen, als er eine junge Zigeunerin mit ihren schwarzen Haaren, der braunen Haut und einem roten Kleid als Tänzerin malte. Dreimal die Woche kam Pepita und stand dem Maler Modell. Da sah sie das Kreuzigungsbild, und betroffen fragte sie den Meister, wer da so gequält leiden müßte. Domenico Feti erzählte dem Mädchen mehr widerwillig die ganze Geschichte von der Liebe Jesu zu den Menschen, mit der der Gekreuzigte die Schuld und Verlorenheit der Welt trug. Als der Maler das Bild mit der spanischen Tänzerin vollendet hatte, bezahlte er das Zigeunermädchen. Pepita schaute noch einmal auf das Kreuzigungsbild, dann auf den Künstler und sagte: "Meister, Ihr liebt ihn doch sehr, weil er das alles für Euch getan hat?" Domenico Feti schämte sich. Daran hatte er noch nie gedacht. Aber nun wurde er die Frage nicht mehr los. "Ihr liebt ihn doch sehr?" Er kam nicht mehr zur Ruhe, konnte kaum noch arbeiten und suchte nach einer Antwort. Schließlich ging er in eine christliche Versammlung, lieh sich ein Neues Testament und kam zum lebendigen Glauben an Jesus. Nun malte er noch einmal ein Kreuzigungsbild aus Liebe zu Jesus. Das Bild sollte die unendliche Liebe Jesu verkündigen und den Betrachter zu einer Antwort herausfordern. Darum schrieb er unter das Bild die Worte: "Das tat ich für dich - was tust du für mich?" Er wollte das Bild nicht verkaufen und schenkte es der Stadt Düsseldorf. Dort in der Galerie hat es unzähligen Menschen die Liebe Jesu vor Augen gemalt. Etwa hundert Jahre später fuhr ein junger Graf nach Paris, und während seine Kutschpferde gefüttert wurden, besuchte der fröhliche und bildungshungrige Graf die Galerie. Lange stand er schließlich vor dem Kreuzigungsbild von Domenico Feti und wurde die Frage nicht mehr los: "Das tat ich für dich - was tust du für mich?" Die Liebe Christi ergriff ihn so nachhaltig, daß er von dort an sein Leben, seinen Adel, sein Vermögen und sein Wissen Christus weihte, der das Leben für ihn am Kreuz gab. Es war Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf. Das Bild von Domenico Feti hängt heute in der alten Pinakothek in München, und noch immer fragt uns der leidende Christus: "Das tat ich für dich - was tust du für mich?" "Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir. Ich bin hinfort nicht mehr wert, daß ich dein Sohn heiße. Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater. Als er aber noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater, und es jammerte ihn; er lief und fiel ihm um den Hals und küßte ihn. " (Lukas 15, 18ff)
Axel Kühner "Hoffen wir das Beste"
© 1997 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 9. Auflage 2016
Mit freundlicher Genehmigung des Verlage
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