Ein Mädchen ist einst zu einem Brunnen gegangen, um Wasser zu schöpfen. Als sie ihre Eimer gefüllt hatte, wollte sie vor dem langen Heimweg noch ein wenig ausruhen. So setzte sie sich auf den Brunnenrand, lehnte sich an das Gestänge, ließ sich von der warmen Sonne wohlig wärmen und schlief darüber ein. Das Schicksal sah das Mädchen sitzen und in der Gestalt einer alten Frau weckte es das schlafende Mädchen behutsam auf. Das Mädchen öffnete verwirrt die Augen und schimpfte auf die alte Frau: "Warum lässt du mich nicht ein wenig schlafen? Ich hatte solch einen wunderbaren Traum!" - "Damit du nicht in den Brunnen fällst. Stell dir vor, du würdest im Traum in die Tiefe stürzen, alle Menschen würden wieder mir, dem Schicksal, die Schuld geben an deinem Unglück, wo es doch deine Unachtsamkeit gewesen wäre!" Was murren denn die Leute im Leben? Ein jeder murre wider seine Sünde! Klagelieder 3,39
Axel Kühner "Zuversicht für jeden Tag" © 2002 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 7. Auflage 2017 / Mit freundlicher Genehmigung des Verlages
Comments