Wenn ich eine Pflanze wäre, möchte ich keine von den nützlichen Pflanzen sein, die zuviel mit den Menschen zu tun haben. Weder Hafer noch Korn, noch gelagerte Gerste, die nicht ins Feld gehen können, wie es in Ordnung wäre. Man lässt dem Korn nicht einmal seine Kornblumen, um sich zu zerstreuen.
Vor allem möchte ich nicht zu diesen Gemüsen gehören, die so fügsam und aufgereiht sind, diese liniengerade abgesteckten Mohrrüben, diese mit der Rute gelenkten Bohnen, diese Salate, die man zwingt zu erbleichen, ihr Herz zusammengepresst, wenn es ringsum so schön ist und sie so gern ganz geöffnet sein möchten.
Ich wäre noch einverstanden, ein Kraut für Heilgetränke zu sein, Quendel oder Malve oder Salbei, nur müsste es auf einer dieser windgepeitschten Höhen sein, wo nur Hirten sie pflücken. Aber lieber wäre ich Heidekraut, blauer Enzian, Ginster, Distel im Notfall, auf einer verlassenen Heide.
Und wenn ich ein Tier wäre, möchte ich kein Tier im Hause oder auf dem Bauernhof sein, weder eine Ziege, die man an den Pfahl bindet, noch eins von diesen Hühnern im Wirtschaftshof. Nein, nein, da wäre ich lieber Hase oder Fuchs oder Hirschkuh oder Nachtigall, die dem Menschen nur an dem Tage begegnen, da er sie tötet.
Und doch werde ich mein ganzes Leben lang eins der zahmsten Haustiere sein, ein Lasttier, ein Kettenhund, ein Kanarienvogel im Käfig. Oder Suppengemüse. Das wird der Wille Gottes gewesen sein. (Marie Noel)
Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.
Matthäus 11,28-30
Axel Kühner "Zuversicht für jeden Tag"
© 2002 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 7. Auflage
2017 / Mit freundlicher Genehmigung des Verlages
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