Grand-Central-Station New York, der größte Bahnhof der Welt. Die Sonne flutet durch die zwanzig Meter hohen Fenster und über die Marmortreppen wie in eine Kathedrale. Doch die vielen Menschen jeder Sprache und Farbe schauen sich kaum um, denn sie haben Eile. Sie merken auch nicht, dass neben ihnen Menschen gehen, die in großer Not sind. Einer aber sieht das. Es ist Gepäckträger Nr. 42, etwa vierzig Jahre alt. Eine junge Frau ruft: "Gepäckträger!" Da geht Nr. 42 auf sie zu. Sie hat eine ältere Dame im Rollstuhl neben sich. "Bitte, bringen Sie meine Mutter zum Zug nach Philadelphia! Ich muss schnell telefonieren." Der Gepäckträger schiebt den Stuhl durch die belebte Bahnhofshalle. Die alte Dame nimmt ihr Taschentuch und wischt sich über die Augen. "Ist das Ihre Tochter, Madam? Eine schöne Frau!", sagt der Gepäckträger. Die alte Dame nickt. "Haben Sie mehrere Kinder zu Haus? Sie müssen glücklich sein, weil Sie eine so nette Tochter haben. So redet der Gepäckträger weiter, bis sie zum richtigen Gleis kommen. Die Dame macht ihre Tasche auf und pudert sich. "Merkt man, dass ich geweint habe?", fragt sie schnell. "Kaum", antwortet der Gepäckträger. "Ich will nicht, dass meine Tochter es merkt, aber ich bin so verzweifelt. Ich bin krank, sehr krank. Niemand kann mir helfen!" "Gott kann helfen!", sagt Nr. 42 ruhig. "Meinen Sie, dass ich glauben könnte, es gäbe einen guten Gott im Himmel, wenn er mich so leiden lässt?" "Gott hat seinen eigenen Sohn auch leiden und sterben lassen, um unserer Sünden willen." Die Dame sieht erstaunt auf. "Das verstehe ich nicht." - "Niemand versteht es, Madam. Aber wir glauben es." -"Soll ich glauben, dass Gott mir diese Krankheit ...?" - "Wie Sie wollen, Madam. Aber eins von beidem müssen Sie glauben. Ich nehme das Erste an, denn das gibt mir Frieden und Zuversicht, das Schwere, das ich nicht verstehe, zu tragen. - Aber hier kommt Ihre Tochter!" "Wie heißen Sie, Gepäckträger?", fragt die Dame beim Einsteigen. "Ralston Young, Madam, Gepäckträger Nr. 42." "Mr. Young, ich danke Ihnen: Sie werden von mir noch hören!" - Ein Jahr später bekommt Ralston einen Brief: "Meine Mutter ist gestorben. Sie wollte, dass ich Ihnen sage, sie sei im Frieden und Vertrauen zu Gott heimgegangen. Die Familie dankt Ihnen ..." Ralston ist glücklich; denn er hat mit seinem Glauben einem anderen Menschen geholfen. Das ist seine Arbeit: Gepäckträger und Seelsorger - Abnehmer aller Art von Lasten - im größten Bahnhof der Welt. (William Graffam) Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen! Galater 6,2
Axel Kühner "Zuversicht für jeden Tag" © 2002 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 7. Auflage 2017 / Mit freundlicher Genehmigung des Verlages
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