Axel Kühner

2. Okt. 20232 Min.

Das Dorf ohne Kirche

Das Dorf in den Bergen ist sehr arm. Die Bauern haben nur kleine Felder.
 
Und die liegen alle an steilen Hängen. Alles muss von Hand gemacht
 
werden. Das gibt viel Arbeit und wenig Geld. Einmal stand im Dorf eine
 
kleine Kirche aus Holz. Eine Kerze, die nicht gelöscht wurde, steckte
 
sie in Brand. Seither ist dort, wo die Kirche stand, ein leerer Platz,
 
und die Leute halten im kleinen Schulzimmer Gottesdienst. Das Dorf ist
 
so klein, dass alle darin Platz haben.
 
Natürlich hätten die Leute gern wieder eine Kirche, aber zuerst müssen
 
sie sparen. Eine Kirche kostet Geld. Eine alte Frau stirbt. Alles
 
ersparte Geld schenkt sie dem Dorf für eine neue Kirche.
 
Da hören die Leute gerade vom großen Erdbeben in Italien. Sie sehen
 
schreckliche Bilder, lauter eingefallene Häuser. Sie sehen, es sind
 
armselige Dörfer, wie ihr eigenes. "Wir wollen eine Kirche bauen, und
 
dort ist solche Not?" sagen sie. Und rasch entschlossen schicken sie das
 
ganze Geld ins Erdbebengebiet. Die eigene Kirche haben die Leute im
 
Dorf aber nicht vergessen. Sie sparen weiter, und langsam ist genug Geld
 
zusammengekommen, um mit dem Bau beginnen zu können.
 
"Große Not der Flüchtlinge", steht in der Zeitung. "Niemand will die
 
Boot-Flüchtlinge aus Asien aufnehmen." "Können wir eine Kirche bauen,
 
wenn Flüchtlinge keine Heimat haben?" Und ohne Zögern nehmen sie das
 
ganze Geld, setzen drei alte Häuser instand, um in ihnen Flüchtlinge
 
aufzunehmen. Und wieder beginnen sie mit dem Sparen.
 
Aber jedes mal, wenn sie Geld haben, hören sie bestimmt wieder von einer
 
Not, und die Bauern im Dorf helfen mit ihrem ganzen Geld.
 
"Wir haben keine Kirche", sagen sie, "aber es gefällt uns doch in
 
unserem Dorf. Wir sind wie eine große Familie." Auf dem Platz, wo einmal
 
die Kirche stehen soll, spielen die kleinen Kinder.
 

 
,Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was darin ist, er, der Herr
 
des Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln, die mit Händen gemacht
 
sind. Fürwahr, er ist nicht ferne von einem jeden unter uns!
 
Apostelgeschichte 17,24.27


Axel Kühner "Hoffen wir das Beste"

© 1997 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 9. Auflage 2016

Mit freundlicher Genehmigung des Verlage

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